FRNHFR (in situ, Wettbewerbsbeitrag)

Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen IIS, Nürnberg 2023

Kunst am Bau, Teilnahme am eingeladenen Wettbewerb, Wettbewerbsbeitrag, Wandrelief im Vortragssaal des Institutsteils Navigation und Ortung LOK

FRNHFER, 2023, Wandcollage, Prints auf Alu-Verbundplatten, Aluminiumstreben, 375 cm x 573 cm x 12 cm, Visualisierung


FRNHFER, 2023, Wandcollage, Prints auf Alu-Verbundplatten, Aluminiumstreben, 375 cm x 573 cm x 12 cm, Visualisierung im Raum


FRNHFER, 2023, Wandcollage, Prints auf Alu-Verbundplatten, Aluminiumstreben, 375 cm x 573 cm x 12 cm, Visualisierung im Raum

Erläuterung und Begründung des Entwurfskonzepts
Als Ort für meinen Wettbewerbsbeitrag habe ich die große Wand im Vortragssaal gewählt. Mein Entwurf ist eine collagierte, reliefartige Wandarbeit.
Die Collage ist aus verschiedenen Oberflächen von Forschungsräumen aus den 50er Jahren zusammengesetzt. Es handelt sich um drei verschiedene Fliesenbeläge und eine Wandverkleidung. Die Oberflächen entstammen Forschungspublikationen aus dieser Zeit und verweisen so auf die Gründungszeit der Fraunhofer Gesellschaft 1949, sowie die Zeit der ersten Institutsgründungen ab 1954. Um den konkreten Forschungsinhalt des Fraunhofer Instituts für Integrierte Schaltungen im Entwurf zu berücksichtigen, habe ich über das Leibniz- Informationszentrum Technik und Naturwissenschaften Universitätsbibliothek aktuelle Forschungsberichte eingesehen. Auffällig ist hier das lockere Nebeneinander von Fotografien, Grafiken, Koordinatensystemen usw.
Die grafischen Linien, die sich technoid über die Collage spannen, verweisen assoziativ auf diese aktuellen Forschungsberichte. Außerdem werden architektonische Elemente aus dem Institutsgebäude optisch aufgenommen: Der Betonwerkstein aus dem Foyer kommt als Print ebenso vor, wie die vertikalen Linien der dunklen Fensterzargen.
Es handelt sich bei der Wandcollage um einzeln montierte Alu-Verbundplatten, die teilweise übereinander angeordnet sind. Bei den schwarzen Linien handelt es sich um Aluminiumprofile, die in verschiedenen Abständen zur Wand angebracht sind.

Father (online screening)

Online screening auf der Webseite der Galerie L187

LINK ZUM Excerpt

1. Dezember 2022 – 15. Januar 2023, 16:00 Uhr


Father, 2022, 4K Video, 19:20 min, Farbe, Ton, Videostill.

DE

Eingreifen, reduzieren, abstrahieren – Karwath+Todisko arbeitet stets mit dem Raum. Dabei setzt sich die Künstlerin auf inhaltlicher Ebene unter anderem mit privaten Familienverhältnissen auseinander. Sie befasst sich mit Lebensrealitäten sowie zwischenmenschlichen Beziehungen und trifft dabei auf Verhaltensmuster, deren Kausalzusammenhänge erforscht werden wollen. Wo Ursache und Wirkung liegen, ergründet die Künstlerin durch die Dekonstruktion der jeweiligen Strukturen. In diesem Zusammenhang setzt sich Karwath+Todisko besonders mit dem Leben ihrer Eltern auseinander.

Die Videoarbeit „Father“ eröffnet einen Einblick in das Kindheitserleben des Vaters während des Zweiten Weltkrieges, der sich seit seiner frühesten Kindheit für Eisenbahnen begeistert. Aus dieser Faszination heraus begann er ein fotografisches Trainspotting-Archiv zu führen, das in Auszügen als Diashow in der Videoarbeit zu sehen ist. Gleichzeitig werden Passagen aus einem gemeinsamen Gespräch als Voice- Over eingespielt, worin der Vater vor allem über seine Kindheit, den Krieg sowie die Beziehung zu seinem Vater spricht. Subtil tritt dabei die Widersprüchlichkeit seiner Erinnerungen zutage. Fotografien und Erinnerungsgegenstände fungieren in diesem Zusammenhang als wichtige Stützen zur Rekonstruktion von Erlebtem. Entgegen dem Impuls zu beschönigen und zu verschleiern, legt Karwath+Todisko bewusst offen, dass ihr Großvater Mitglied der NSDAP war. Damit wirkt sie sowohl der Scham als auch dem Stigma entgegen, das bei solch einer Veröffentlichung befürchtet werden könnte. Vor allem geht es aber darum, das subjektive Erleben und die individuelle Erinnerungskultur im Bezug auf den Nationalsozialismus und die Kriegsjahre zu erörtern und gegen ein Vergessen anzukommen.

 

EN

Intervention, reduction, abstraction – for Karwath+Todisko, spatial parameters determine the work. In terms of subject matter, the artist is also concerned with personal relationships within her family. She deals with the actualities of life as well as interpersonal relationships and in doing so encounters patterns of behaviour whose causal connections want to be explored. By deconstructing the respective structures, the artist explores their cause and effect. In this context, Karwath+Todisko deals specifically with the lives of her parents.

The video piece “Father“ allows an insight into the childhood experience of her father during the Second World War, who has been fascinated by trains since his earliest childhood. From this fascination, he began to keep a photographic trainspotting archive, excerpts of which are presented as a slide show in the video. At the same time, segments of a conversation between the two are played as a voice-over, in which the father speaks primarily about his childhood, the war and the relationship to his own father. In the process the ambiguity of his memories is subtly revealed. Photographs and mementos function as important aids in the reconstruction of his experiences. Contrary to the impulse
to sugarcoat and conceal her family‘s history, Karwath+Todisko consciously discloses that her grandfather was a member of the NSDAP (National Socialist German Workers’ Party). In doing so, she acts against both the shame and the stigma that might be feared from such a public revelation. Above all, however, her goal is to address subjective experiences and the individual forms of remembrance in relation to National Socialism and the war years, and to fight against forgetting.

Text: Lucy Nixon & Vivien Kämpf

Das Projekt Father wird gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Karwath+Todisko wird durch das Hessische Atelierprogramm gefördert.

Father (solo)

saasfee*pavillon, Frankfurt 2022

Soloshow

www.saasfee.de


Heritage 12, 2021, Collage; Family Curtain 3, Installation, Ausstellungsansicht


Heritage 12, 2021, Collage; Family Curtain 3, Installation, Ausstellungsansicht


Family Curtain 3, Detail, 2022, Installation, Vorhangstoff, Vorhangschiene, Leuchtstoffröhren, Holzblende, Metallwinkel, 240 cm x 260 cm 24 cm


Herited 1-3, 2021-22, Collagen; Heritage 12, 2021, Collage, Ausstellungsansicht


Father, 2022, HD Video, Farbe, Ton, 19:20 min; Bedside Table (Father), 2022, Installation, Ausstellungsansicht


Bedside Table (Father), 2022, Installation, Nachtisch aus lackiertem und furniertem Holz, Spiegel, Holzplatte, 61 cm x 90 cm x 42 cm                 Fotos: Moritz Bernoully

DE
Eingreifen, reduzieren, abstrahieren – Karwath+Todisko arbeitet stets mit dem Raum. Dabei setzt sich die Künstlerin auf inhaltlicher Ebene unter anderem mit privaten Familienverhältnissen auseinander. Sie befasst sich mit Lebensrealitäten sowie zwischenmenschlichen Beziehungen und trifft dabei auf Verhaltensmuster, deren Kausalzusammenhänge erforscht werden wollen. Wo Ursache und Wirkung liegen, ergründet die Künstlerin durch die Dekonstruktion der jeweiligen Strukturen. In diesem Zusammenhang setzt sich Karwath+Todisko besonders mit dem Leben ihrer Eltern auseinander.
So widmete sich die Ausstellung „Heritage” (L187 Offenbach, 2020) der Beziehung zwischen der Künstlerin und ihrer Mutter, wohingegen „Father” (saasfee*pavillon, 2022) besonders in das Kindheitserleben des Vaters während des Zweiten Weltkrieges sowie in die Beziehung zu seinem eigenen Vater eintaucht.
Im ersten Schritt vollzieht Karwath+Todisko eine räumliche Rekonstruktion, indem sie Möbel des Elternhauses in den Ausstellungsraum platziert. Alltagsgegenstände, die zu Berührungsreliquien werden und das Private in den öffentlichen Raum versetzen. Im zweiten Schritt eröffnet die titelgebende Videoarbeit „Father” einen Einblick in die Gedankenwelt ihres Vaters, der sich seit seiner frühesten Kindheit für Eisenbahnen begeistert. Aus dieser Faszination heraus begann er ein fotografisches Trainspotting-Archiv zu führen, das in Auszügen als Diashow in der Videoarbeit zu sehen ist. Gleichzeitig werden Passagen aus einem gemeinsamen Gespräch als Voice-Over eingespielt, worin der Vater vor allem über seine Kindheit, den Krieg sowie die Beziehung zu seinem Vater spricht. Subtil tritt dabei die Widersprüchlichkeit seiner Erinnerungen zutage. Fotografien und Erinnerungsgegenstände fungieren in diesem Zusammenhang als wichtige Stützen zur Rekonstruktion von Erlebtem. Entgegen dem Impuls zu beschönigen und zu verschleiern, legt Karwath+Todisko bewusst offen, dass ihr Großvater Mitglied der NSDAP war. Damit wirkt sie sowohl der Scham als auch dem Stigma entgegen, das bei solch einer Veröffentlichung befürchtet werden könnte. Vor allem geht es aber darum, das subjektive Erleben und die individuelle Erinnerungskultur im Bezug auf den Nationalsozialismus und die Kriegsjahre zu erörtern und gegen ein Vergessen anzukommen.

EN
Intervention, reduction, abstraction – for Karwath+Todisko, spatial parameters determine the work. In terms of subject matter, the artist is also concerned with personal relationships within her family. She deals with the actualities of life as well as interpersonal relationships and in doing so encounters patterns of behaviour whose causal connections want to be explored. By deconstructing the respective structures, the artist explores their cause and effect. In this context, Karwath+Todisko deals specifically with the lives of her parents.
The exhibition “Heritage“ (L187 Offenbach, 2020), for example, was dedicated to the relationship between the artist and her mother, whereas “Father“ (saasfee*pavillon, 2022) delves particularly into the childhood experience of her father during the Second World War as well as into the relationship with his father.
In the first step, Karwath+Todisko performs a spatial reconstruction by placing furniture from her parental home into the exhibition space. Everyday objects that become contact relics and shift what is private into the public sphere. In the second step, the titular video piece “Father“ allows an insight into the mind of her father, who has been fascinated by trains since his earliest childhood. From this fascination, he began to keep a photographic trainspotting archive, excerpts of which are presented as a slide show in the video. At the same time, segments of a conversation between the two are played as a voice-over, in which the father speaks primarily about his childhood, the war and the relationship to his own father. In the process the ambiguity of his memories is subtly revealed. Photographs and mementos function as important aids in the reconstruction of his experiences. Contrary to the impulse to sugarcoat and conceal her family‘s history, Karwath+Todisko consciously discloses that her grandfather was a member of the NSDAP (National Socialist German Workers’ Party). In doing so, she acts against both the shame and the stigma that might be feared from such a public revelation. Above all, however, her goal is to address subjective experiences and the individual forms of remembrance in relation to National Socialism and the war years, and to fight against forgetting.

Text: Lucy Nixon & Vivien Kämpf

Das Projekt Father wird gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Karwath+Todisko wird durch das Hessische Atelierprogramm gefördert.

Heritage (solo)

LEW1, Darmstadt, 2021

Artist in Residence

www.kultur-digitalstadt.de

Fotos: Dominik Schabel

Vergangene Woche bezog Karwath+Todisko als »Artist in Residence« des Vereins »Kultur einer Digitalstadt« die Räume des Atelierhauses LEW1 auf der Rosenhöhe in Darmstadt. Während ihres Aufenthalts arbeitet sie u.a. an der Dokumentation und der digitalen Sichtbarkeit ihres Projekts »Heritage«. Das Projekt basiert auf der Familiengeschichte der Künstlerin, deren Eltern eine Vergangenheit als Kriegskinder teilen, jedoch auf unterschiedliche Weise damit umgegangen sind. Anhand von Architekturfotografien ihres Vaters aus den 1960er Jahren nähert sie sich der Thematik an und wendet sich dabei auch der, in dieser Generation häufig vorkommenden, Vorratsanhäufung und dem Bedürfnis nach Archivierung zu.

Im Atelierfenster des LEW1 wird die Installation »Family Table« von Karwath+Todisko gezeigt. Der Esstisch aus dem Elternhaus wird in den Ausstellungskontext überführt. Es geht einerseits darum, den Passanten den Blick ins Innere des Atelierhauses zu ermöglichen, andererseits fordert Karwath+Todisko dazu auf, sich seinen eigenen aktuellen oder vergangenen »Familientisch-Assoziationen« zu stellen. Der Vater der Künstlerin verzichtet für den Zeitraum der Installation auf seinen Esstisch.

Parallel zur Residence wurde ein Film über das Projekt »Heritage« und die gleichnamige Ausstellung im L187 in Offenbach im Herbst 2020 veröffentlicht, in dem Karwath+Todisko über ihren autobiografischen Zugang zu ihrer Arbeitspraxis und ihrer Arbeit mit Identität, sowie über den Recherche- und Denkprozess hinter der Ausstellung spricht. Laufzeit 4:30 min.

Das Projekt »Heritage« wird von der Hessischen Kulturstiftung im Rahmen des Kulturförderprogramms »Hessen kulturell neu eröffnen« gefördert.
Die Artist Residence von Kultur einer Digitalstadt wird mit freundlicher Unterstützung der Sparkasse Darmstadt, HEAG Kulturfreunde Darmstadt GmbH und »Wir für Kunst« realisiert. Karwath+Todisko wird durch das hessische Atelierprogramm HAP hessenweit gefördert.

Heritage (solo)

L187, Offenbach am Main, 2020

Soloshow

“Suddenly a rustle and whistling, then a deafening detonation, everyone screamed and the whole basement was full of dust.”
My father about his experiences as a child around 1943.

www.l187.de


Karwath + Todisko on Heritage, 2021 at L187


Peter Wöllert (*1937), neighbour’s house, 1963, slide film print, 10 x 15 cm,


Installation view, Heritage


Karwath + Todisko, Heritage 4, 2020, inherited photography and acrylic on wood, 145 x 90 cm


Karwath + Todisko, Heritage 4, 2020, detail, inherited photography and acrylic on wood, 145 x 90 cm


Installation view, Heritage

Inna Todisko, untitled, 2001, photography, silver gelatine print on RC-Paper, inherited frame, 32 x 25 cm

Karwath + Todisko, Heritage 5, 2020, installation view, inherited photography, acrylic on wood, 145 x 90 cm

Karwath + Todisko, Heritage 5, 2020, detail, installation view, inherited photography, acrylic on wood, 145 x 90 cm (Karwath+Todisko)

Ingrid Wöllert, The Youth I,II and III, 1992, installation view, monotype, linoleum ink on paper, 21 x 20 cm

Ingrid Wöllert, The Youth I,II and III, 1992, monotype, linoleum ink on paper, 21 x 20 cm

Karwath + Todisko, Mother Lists, 2020, installation view, paper lists in display table, 160 x 80 x 75 cm

Karwath + Todisko, Mother Lists, detail, 2020, paper lists in display table, 160 x 80 x 75 cm

Inna Wöllert, Mess, 2011, photography, found frame, 23 x 17 cm

Inna Todisko, At Home, 2000, installation view, silver gelatine print on RC-Paper, 70 x 50 cm

Inna Todisko, Missed, 2006, installation view, MiniDV video, 3:58 min.

Inna Todisko, Missed, 2006, videostill, MiniDV video, 3:58 min.,

The title of the exhibition refers to the artist’s deeply autobiographical approach to her practice which is presented here as an overview of her development as an artist so far. Her conceptual practice comprises room installations, mixed media collages, moving image work and the use of documentation in the shape of found and reappropriated objects. Some of her early works have never been shown publicly before and now tie in as an intimate insight into her personal history, also illustrated through her changing artist signatures from Ingrid Wöllert to Inna Todisko to Inna Wöllert and finally to Kawarth + Todisko.

Architectural photographs taken by her father are reworked, extracted and pasted onto large scale surfaces, showing a profound connection to her roots. The video installation of her now deceased mother discusses themes of mortality, identity as well as memory.
It is accompanied by a photograph alluding to her mother’s tendency of hoarding, which stands in stark contrast to the meticulous documentation of her everyday life. The artist’s early drawings and photographs from her time at art school allow a vulnerable insight into the exploration of her own – the female – body. The works shown revisit various stages of the artist’s emotional and physical heritage which could be seen as an illustration of her search for identity both as a human being and as a creative practitioner until today.

Text by Vivien Kämpf & Lucy Rose Nixon

 

Das Projekt Heritage wird gefördert durch die

 

 

 

0+255 Bonn (group)

Künstlerforum Bonn, 2019

Gruppenausstellung mit Thomas Hawranke, Karwath+Todisko, Andrea van Reimersdahl, Maximilian Siegenbruk und Vanja Vukovic

Karwath+Todisko, Faltenwurf, 2019, Aluminium, Motoren, Maße variabel

Karwath+Todisko, Faltenwurf, 2019, Aluminium, Motoren, Maße variabel

Karwath+Todisko, Faltenwurf (Venus 1-3), 2019, Aluminium, Plankopie, Tusche, 135 x 87 cm

Karwath+Todisko, Tape Curtain Invers, 2016, Archival Ink Jet Print auf Alu-Dibond, 75 x 50 cm

 

0 ist der RGB Farbwert für die Farbe Schwarz und 255 ist der RGB Farbwert für die Farbe Weiß

Karwath+Todisko und Andrea van Reimersdahl sind eingeladen die Gruppenausstellung 0+255Bonn mit der Idee zu kuratieren, Positionen von Künstler*innen zusammenzufassen, die sich in Ihrer Arbeitsweise aus verschiedenen Gründen auf den Gebrauch der Farben Schwarz und Weiß beschränken. Der Titel der Ausstellung verweist dabei auf einen digitalen Farbraum, der schon lange für die Kunstproduktion und unseren Alltag selbstverständlich ist. Künstler*innen können seit alters ihre Sichtweise verändern und die Welt von der Farbe abstrahieren.

Schwarz und Weiß im Spannungsfeld von Zwei- und Dreidimensionalität zeigt Karwath+Todisko in der kinetischen Arbeit „Faltenwurf“. Aluminiumflächen wechseln ihre Erscheinung in der Drehbewegung von flächig zu räumlich und von hell zu dunkel. Der Faltenwurf ist hier ironischerweise eher kontrolliert–mathematisch umgesetzt, statt erwartungsgemäß zufällig–organisch. Vanja Vukovics Arbeit „This is not a love song“ verweist auf Ereignisse aus der Vergangenheit. Die Portrait-Serie zeigt Personen, die sich an ihre erste Demo erinnern. Die unterschiedlichen Erlebnisse aus verschiedenen Zeiten werden durch schwarz-weiß Fotografien in eine zeitlose Allgemeingültigkeit übertragen.
Der schwarze Hintergrund lenkt den Fokus auf den Ausdruck, der zwischen Intimität und Öffentlichkeit changiert. Durch den Verzicht auf Farbe treibt Maximilian Siegenbruk in seiner Malerei die Naturdarstellung in Richtung Abstraktion. In seiner Werkreihe „Idylle“ ermöglicht ihm das Medium Kohle eine spontane Arbeitsweise, mit der er eine chaotisch-bedrückende Erscheinung der Natur erzeugt. Thomas Hawranke ist ein Medienkünstler, der sich mit den Auswirkungen von Technologie auf die Gesellschaft beschäftigt. In der Videoarbeit „Shadows: ULTRA“ zeigt er in unterschiedlichen Einstellungen eine Überlagerung von Schatten von Tieren aus Computerspielen. Der Hell-Dunkel-Kontrast ist ein Sinnbild für andere Gegensatzpaare, wie analog und digital oder real bzw. fiktional. Wenn Schwarz und Weiß als Farben statisch sind, bedeuten Grauwerte für Andrea van Reimersdahl, Dynamik und Bewegung. Die Installation „Graumalerei“ besteht aus transparentem, textilem Material. Wie eine Membran, wird es als biaxial gespannte Flächen mit Gummiseilen in den Blick des Betrachters installiert. Die Bildfläche entfaltet sich zum räumlichen Erkunden.
Mit den Themen Mensch, Tier, Natur, Raum und Bewegung, dargestellt in Schwarz, Weiß und den unbunten Abstufungen, lädt die Ausstellung den Betrachter ein, seine visuelle Wahrnehmung zu überdenken.

 

Mit freundlicher Unterstützung von

    Metallverkaufsgesellschaft Frankfurt

 

0+255 (group)

Meinblau Projektraum, Berlin, 2019

Gruppenausstellung mit Kanako Ishii, Mareike Jacobi, Karwath+Todisko, Katja Kollowa, Christian Meyer, Virginie Mossé, Katja Pudor, Andrea van Reimersdahl, Richard Schütz, Marc Soisson

www.meinblau.de I www.nullplus255.com


Richard Schütz, Deja Vu, 2012, Marc Soisson, Ohne Titel, 2019, Mareike Jacobi, Schiebepuzzle, 2019, Katja Kollowa, Katja dreht durch 1-3, 2019, Andrea van Reimersdahl, Cliffhanger 2019

Karwath+Todisko, Es trifft die Besten, 2019, lackiertes Stahlrohr, Ton 6000 Hz, 156 x 3,5 x 3,5 cm

Karwath+Todisko, Frequenz No. 1, 2019, Bleistift auf Papier, 41,7 x 29,3 cm

0 ist der RGB Farbwert für die Farbe Schwarz und 255 ist der RGB Farbwert für die Farbe Weiß

Die Gruppenausstellung 0+255 wird von Andrea van Reimersdahl mit der Idee kuratiert Positionen Berliner Künstler zusammenzufassen, die sich in Ihrer Arbeitsweise aus verschiedenen Gründen auf den Gebrauch der Farben Schwarz und Weiß beschränken. Der Titel der Ausstellung verweist dabei auf einen digitalen Farbraum, der schon lange für die Kunstproduktion und unseren Alltag selbstverständlich ist. Künstler können seit alters ihre Sichtweise verändern und die Welt von der Farbe abstrahieren. Um die Intention eines künstlerischen Werkes bestmöglich heraus zu arbeiten, kann Farbigkeit unnötig oder ablenkend sein. 0+255 soll in diesem Sinne abstrakte und gegenständliche Positionen zeigen, die sich auf unbunte Abstufungen begrenzen und damit eine prägnante und entschlossene Aussage machen. 10 Künstler mit inhaltlich unterschiedlichen Schwerpunkten werden eingeladen, ihre Arbeiten in extremer Gegensätzlichkeit zu präsentieren. Dabei kann das Grau eine Vermittlerrolle übernehmen. Die Ansätze der Positionen sind verschieden. Ästhetisch, formal, konzeptuell, diskursiv oder intuitiv. Wir stellen die Frage, in wie weit eine Ausstellung, die sich auf starke Kontraste reduziert, gegenwärtige Entwicklungen in Politik und Gesellschaft reflektiert. Es stehen sich immer häufiger extreme Positionen gegenüber und Grauzonen scheinen zu verschwinden. Das Ziel der Ausstellung ist, aktuelle Wege der schwarz-weißen Kunst aufzuzeigen und den Betrachter einzuladen seine eigene Wahrnehmung neu zu überdenken.

Die Ausstellung wird gefördert durch das Bezirksamt Pankow von Berlin, Amt für Weiterbildung und Kultur, Fachbereich Kunst und Kultur, der Hans und Chalotte Krull Stiftung und durch die Botschaft des Großherzogtums Luxemburg in Deutschland.

Eine Sache (group)

Florens Cargo, Darmstadt 2018

Gruppenausstellung mit Béla Feldberg, Daniel Voigt, Deborah Neulich, Dominik Manch, Kilian Paterson, Louis Felipe Baca Velasquez, Lisa Ingrid Nürnberger, Peter Wolf, Simon Heinrich

Kuratiert von Louis Felipe Baca Velasquez, Moritz Fischer, Jan Läkemäker

www.florenscargo.eu


Can You Hear Me, Modelliermasse, Farbe, Menschenhaar, Stoff, Licht, 2018

Gemina (group)

Associazione Culturale C.AR.M.E., Brescia 2018

Gruppenausstellung mit José Antonio Olarte, Anna Madia

www.carmebrescia.it

SLIGHT#2, 2018, Ventilatoren, PE-Folien, Relais


BLACK VIDEO, 2018, video still

 

Poesie des Immateriellen

von Julia Reichelt, M.A.
Kunstforum der TU Darmstadt

Sound – Folie – Ventilatoren, mehr braucht es nicht, um einen erzählerischen Raum zu schaffen. Die Künstlerin Karwath+Todisko führt uns mit der Installation Slight#2 sinnbildlich vor Augen, wie mit minimalen Mitteln eine maximale Wirkung erzielt werden kann: Sie abstrahiert den Raum mit künstlerischen Mitteln, verdichtet seine Atmosphäre, schenkt ihn dem Betrachter poetisch aufgeladen zurück.

In ihrer Arbeit experimentiert sie mit markanten Raumsituationen, vereinnahmt die jeweilige Umgebung und holt aus ihr die größtmögliche Wirkung heraus. „Ich kann den Raum nicht in Ruhe lassen“ sagt die Künstlerin. Hängt ihre Werke ungern an die Wand, interveniert lieber direkt. „Ich arbeite mit Räumen, ich kann nicht anders.“ So wie bei ihrer Arbeit Golden#1 (2014), einer performativen Installation im ehemaligen Darmstädter Atomschutzbunker mit seiner beklemmenden Ausstrahlung.
Zu bedrohlichem Sound schweben goldschimmernde Objekte aus metallisierter Kunststofffolie in einer der ehemaligen Schutzkammern. Ein junger Mann schneidet ruhig und konzentriert an den sinkenden Objekten ein Stück der Folie ab, dann schweben sie wieder empor. Atmosphärisch dicht ist Golden#1 und die leichten, sich langsam bewegenden Folien kontrastieren die raue, düstere Schwere des Raums.

„Gib mir einen Raum und ich konzipiere eine Arbeit.“ sagt die Künstlerin, die 1973 in Darmstadt geboren wurde. An der Weißensee Kunsthochschule Berlin studierte sie Bühnenbild und Bildhauerei. Bereits während des Studiums entstehen viele Installationen sowie partizipatorische Projekte und Stückentwicklungen, bei denen sie als Bühnenbildnerin beteiligt ist. Im Jahr 2006 erfolgt die Ernennung zur Meisterschülerin von Roland Schimmelpfennig, dem meistgespielten zeitgenössischen deutschen Theaterautor. Seither schafft sie Installationen, parallel dazu entstehen Theaterräume am Schauspiel Leipzig, am Theater Oberhausen, am Mousonturm Frankfurt, an der Opéra National du Rhin in Straßburg.

Ein Projekt in Berlin sorgt für ihre künstlerische Initialzündigung:
Die Erkenntnis, dass der Raum und nicht ihre fertige künstlerische Arbeit zu Beginn stehen muss. Ein verlassenes Bürogebäude in Berlin mit sehr langen Gängen, die den Menschen am Ende des Flures kaum noch erkennen lassen, inspiriert sie zu einer kriminologischen Arbeit, bei der sie über einen Audioguide erst akustisch, dann in persona die Besucher verfolgt: persuer (1999). Auch die aufwendige Installation pandora/box (2002) ist eine erzählerische, intervenierende Arbeit, bei der sie die Sensibilität durch subtil beunruhigende und ambivalente Elemente schärft, ganz so, wie dies auch in den multimedialen Inszenierungen des kanadische Künstlerpaars Janet Cardiff und George Bures Miller geschieht.

„Was muss ich hinzufügen, um die Raumwirkung zu verstärken und die Aufmerksamkeit zu schärfen?“ fragt sie sich zu Beginn des kreativen Prozesses.
Für GEMINA bespielt sie den Hauptraum der im 12. Jahrhundert entstandenen, in den folgenden Zeiten vielfach umgebauten Kirche Santi Filippo e Giacomo in Brescia. Jetzt Ausstellungsraum betört die noch immer erkennbare sakrale Architektur mit ihrer Höhe und Leichtigkeit. Slight#2 entsteht für diese spezielle architektonische Situation. „Es muss leicht aussehen!“ hatte sich die Künstlerin im Vorfeld notiert.

Aus zwölfeinhalb Metern Höhe hängen zwei weiße Folien auf den Boden herab. Zart, flüchtig bewegen sie sich durch die Luftströme der sich unter ihnen befindenden Ventilatoren. Zu einem nicht definierbaren grollenden, wogenden Sound bauschen die Folien auf, werden zum Assoziationsraum. Sie stimulieren die Fantasie, lassen Formen erahnen, die an etwas Lebendiges, Geheimnisvolles, nicht näher Greifbares denken lassen. Durch das An- und Ausgehen der Ventilatoren bewegen sich die Stoffe, ergibt sich etwas Pulsierendes, ein Wechsel von Spannung und Entspannung.
Slight#2 ist eine Adaption von Slight#1, die für die Ausstellung Slight Show (Kunsthalle am Hamburger Platz, Berlin 2016) entstand. Neben der Thematik des verhüllenden Vorhangs, ist hier bereits das Herstellen natürlicher oder hergestellter Luftzüge ein werkimmanentes Thema. Wie kann ich physikalische Phänomene für meine künstlerische Arbeit nutzten? Dieser Frage geht Karwath+Todisko nach.
Wind, Luft Elektrizität, physikalische Phänomene interessieren sie. Die Freude an vermeintlich Alltäglichem, wie das Flattern von Malerfolie an einem Baugerüst im Wind, die am Anfang von Slight#1 steht, oder Lichter, die hinter einem Vorhang vorbeiziehen. „Zufällige Lichtreflexionen machen mich glücklich.“
Es sind die fundamentalen Dinge, die sie aufspürt und abstrahiert: das Licht, die Reflexionen des Lichts, die Luft, die Luftzüge. In der monumentalen, raumfüllenden Installation Slight#2 provoziert sie durch die Ventilatoren eine künstliche Thermik, die gemeinsam mit dem nicht zu verortenden Sound und den Folien ein Raumkunstwerk schafft, dessen Wirkung man sich nicht entziehen kann.

Weich wogend steht Slight#2 im Kontrast zu den geometrisch abgezirkelten Formen des Black Video (2018). Noch reduzierter als diese Installation ist Black Video ein Verwirrspiel über Dreidimensionalität. Es resultiert aus der Serie Black, die 2017 für den saasfee* Pavillon Frankfurt entstand. Ausgehend von der charakteristischen Architektur dieses Pavillons mit seiner quadratischen Grundstruktur und seinen quadratischen Fensterrahmen, nimmt Karwath+Todisko diese Formen auf, baut die Gitterstruktur als dreidimensionales Objekt nach und filmt in Black Video die Schattenzeichnung davon. Durch die abgefilmte Raumsituation entsteht eine graphische Arbeit, bei der die Grenzen zwischen Zwei- und Dreidimensionalem verschwimmen. Die Schattenzeichnung macht aus der gebauten Gitterkonstruktion ein zweidimensionales Objekt. Der Betrachter kann nicht mehr eindeutig erkennen, was er eigentlich sieht. Was entsteht sind seltsame Architekturassoziationen und die Frage: Was ist Objekt, was ist Schatten? Das leicht klirrende Rattern des Sounds erinnert an die Projektion eines Diaprojektors, bildet einen spannungsreichen Kontrast zu dem weicheren Sound von Slight#2.

Auch beim Sound arbeitet Karwath+Todisko inzwischen assoziativer: die summende Menschenstimme, die den Hintergrund für Slight#2 bildet, ist nicht mehr erkennbar. „Ich lasse mehr offene Enden als früher.“ Sie erzählt immer noch Geschichten mit ihren Arbeiten – sie werden nur reduzierter, subtiler, sind weniger fassbar. Ihre künstlerische Entwicklung geht ins Raumerleben mit immer abstrahierteren Mitteln.
So erschafft sie eine Poesie des Immateriellen.

 

 

Mit freundlicher Unterstützung der Wissenschaftsstadt Darmstadt